Zwei neue braune Zwerge als Nachbarn der Sonne entdeckt

Region um die neuen braunen Zwerge

Falschfarben-Bilder der beiden neu entdeckten braunen Zwerge WISE J0254+0223 und WISE J1741+2553 (aus drei Aufnahmen des Wide-field Infrared Survey Explorer (WISE) mit verschiedenen Filtern im Infrarotlicht). In den Farben von WISE erscheinen die extrem kühlen braunen Zwerge gelb-grünlich. Markiert sind auch die Positionen der Objekte in einer früheren Himmelsdurchmusterung im nahen Infrarotlicht, etwa zehn Jahre vor den WISE-Aufnahmen. Jedes Bild bedeckt ein Himmelsfeld, das etwa 200-mal kleiner ist als die Vollmondfläche. Die Eigenbewegung der beiden Objekte führt nach etwa 700 bzw. 1200 Jahren jeweils zu einer Verschiebung ihrer Position am Himmel, die dem Vollmonddurchmesser entspricht.

Bild: AIP, NASA/IPAC Infrared Science Archive
14. Juli 2011 //

Wissenschaftlern des Leibniz-Instituts für Astrophysik Potsdam (AIP) gelang die Entdeckung von weiteren bisher verborgenen kosmischen Nachbarn: Zwei braune Zwerge im ungefähren Abstand von nur 15 und 18 Lichtjahren von der Sonne. Zum Vergleich: Der sonnennächste Stern, Proxima, liegt im Abstand von etwas mehr als vier Lichtjahren, während die beiden nächsten bekannten braunen Zwerge, epsilon Indi Ba und Bb, die vor wenigen Jahren ebenfalls am AIP aufgespürt wurden, etwas weniger als 12 Lichtjahre entfernt sind.

Für ihre Entdeckung nutzten Ralf-Dieter Scholz und seine Kollegen vom AIP die erst kürzlich veröffentlichten Daten des NASA-Satelliten WISE (Wide-field Infrared Survey Explorer). Die beiden neuen Nachbarn der Sonne, mit den Namen WISE J0254+0223 und WISE J1741+2553, fielen durch den extremen Kontrast zwischen ihrer starken Helligkeit im Infrarotlicht und ihrer kaum noch sichtbaren Erscheinung im optischen Licht auf. Außerdem zeigen beide Objekte eine große scheinbare Bewegung am Himmel (Eigenbewegung), d.h. ihre Positionen sind gegenüber früheren Aufnahmen stark verschoben. Dies deutete auf ihre unmittelbare Nähe hin, die durch den Vergleich ihrer Farben und Helligkeiten mit anderen Objekten bestätigt wurde. Das hellere Objekt war zum Zeitpunkt der Entdeckung gerade am Nachthimmel sichtbar, so dass das AIP-Team mit Hilfe von Beobachtungen am Large Binocular Telescope (LBT) in Arizona/USA den Spektraltyp und die Entfernung noch genauer bestimmen konnte. Beide Objekte gehören zu den kühlsten Vertretern der braunen Zwerge vom T-Spektraltyp, an der Schwelle zum vorausgesagten aber noch nicht entdeckten ultrakühlen Y-Typ.

Braune Zwerge werden auch als misslungene Sterne bezeichnet, da sie bei ihrer Entstehung nicht genug Masse ansammeln konnten, um den natürlichen Kernfusionsreaktor in ihrem Innern zu zünden, der die langlebige Energiequelle der Sterne ist. Deshalb verlieren braune Zwerge mit der Zeit stark an Helligkeit. Es wird vermutet, dass die meisten braunen Zwerge nur noch Oberflächentemperaturen aufweisen, die unter der „Backofentemperatur“ von etwa 500 Kelvin (etwa 230 Grad Celsius) liegen und eventuell sogar mit der Temperatur an der Erdoberfläche vergleichbar sind. Die Fahndung nach diesen verborgenen Nachbarn der Sonne läuft gegenwärtig auf Hochtouren. Es ist nicht ausgeschlossen, dass uns ultrakühle braune Zwerge in ähnlich großer Zahl wie Sterne umgeben, und unser tatsächlich nächster Nachbar nicht Proxima sondern ein brauner Zwerg ist.



Wissenschaftliche Veröffentlichung zu diesem Thema:

Das Leibniz-Institut für Astrophysik Potsdam (AIP) widmet sich astrophysikalischen Fragen, die von der Untersuchung unserer Sonne bis zur Entwicklung des Kosmos reichen. Forschungsschwerpunkte sind dabei kosmische Magnetfelder und extragalaktische Astrophysik sowie die Entwicklung von Forschungstechnologien in den Bereichen Spektroskopie, robotische Teleskope und E-Science. Seinen Forschungsauftrag führt das AIP im Rahmen zahlreicher nationaler, europäischer und internationaler Kooperationen aus. Das Institut ist Nachfolger der 1700 gegründeten Berliner Sternwarte und des 1874 gegründeten Astrophysikalischen Observatoriums Potsdam, das sich als erstes Institut weltweit ausdrücklich der Astrophysik widmete. Seit 1992 ist das AIP Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft.
Letzte Aktualisierung: 25. Januar 2021