Der Planet wurde mit Hilfe des Gravitationslinseneffekts oder "Microlensing" entdeckt,
der auf einer Vorhersage Einsteins basiert: Lichtstrahlen werden durch die Anziehungskraft
anderer himmlischer Körper angezogen und dadurch von ihrer geraden Richtung abgelenkt.
Diese Wirkung ist in den meisten Fällen allerdings unmessbar klein. Wenn nun aber
ein Vordergrundstern direkt vor einem Hintergrundstern vorbeiläuft, dann führt
das dazu, dass wir auf der Erde infolge der Lichtablenkung mehr Lichtstrahlen des Hintergrundsterns erhalten: er
erscheint uns kurzzeitig heller. Der exakte Verlauf des symmetrischen Heller-
und wieder Schwächerwerdens ist mathematisch genau vorgegeben. Wenn der
Vordergrundstern, der als "Gravitationslinse" wirkt, kein Einzelstern ist,
sondern von einem Planeten begleitet wird, dann kann diese symmetrische
"Lichtkurve" eine kurzzeitige Abweichung zeigen, mit einem weiteren Maximum.
So konnte der Planet, obwohl er von der Erde aus nicht zu sehen ist, wahrgenommen
werden. Die Entfernung dieses extrasolaren Planetensystems ist riesig groß: es
befindet sich etwa 22.000 Lichtjahre von uns entfernt. Damit ist eine weitere Untersuchung
des Planeten so gut wie ausgeschlossen.
An seiner Entdeckung waren drei unabhängige Mikrogravitationslinsen-Kampagnen beteiligt,
PLANET/RoboNet, OGLE und MOA. Das sind zusammen 73 Wissenschaftler an 32 Instituten in 12
Ländern (Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Polen, Dänemark, ÃÖsterreich,
Chile, Australien, Neuseeland, USA, Südafrika und Japan). Beteiligte Wissenschaftler aus Deutschland sind
Dijana Dominis vom Astrophysikalischen Institut Potsdam (AIP), Daniel Kubas von der Universität
Potsdam, Joachim Wambsganss und Arnaud Cassan vom Zentrum für Astronomie der
Universität Heidelberg (ZAH) sowie Martin Dominik. "Nur durch gute Kooperation, Koordination
und hohes Engagement war diese Entdeckung nach zehn Jahren möglich", erklärt Dominis.
OGLE-2005-BLG-390Lb ist der dritte Planet, der durch den Mikrogravitationslinseneffekt entdeckt wurde.
Die relativ geringe Ausbeute ist dadurch begründet, dass unterschiedliche Methoden verschiedene
Arten von Planeten und Sternen bevorzugen und diese verschiedene Häufigkeiten aufweisen.
Der Mikrogravitationslinseneffekt favorisiert Gasriesen wie Jupiter um rote Zwergsterne,
die sich relativ leicht entdecken lassen, aber äußerst selten sind. Jedoch sind nur
zwei der gefundenen Planeten Gasriesen. Die Entdeckung von OGLE-2005-BLG-390Lb als dritter
Planet deutet darauf hin, dass Planeten, die leichter sind als die äußeren Eisplaneten
Uranus und Neptun, ausgesprochen häufig sind. Dies bestätigt die derzeitige
Theorie der Planetenentstehung.
Diese Gravitationslinsenereignisse sind extrem selten: höchstens einer unter einer Million
Sternen wird jeweils durch die Schwerkraftwirkung verstärkt. Deshalb haben die Astronomen eine
Art Arbeitsteilung eingeführt: eine Gruppe, das "OGLE-Team", misst die Helligkeit von 10 Millionen Sternen regelmäßig
etwa zweimal pro Woche. Wenn einer davon eine für den Gravitationslinseneffekt charakteristische
Helligkeitsänderung zeigt, wird ein "E-Mail-Alarm" an interessierte WissenschafterInnen verschickt, im letzten
Jahr gab es 600 davon. Das PLANET-Team hat sich darauf spezialisiert, dann diese Linsenereignisse sehr
häufig zu messen, idealerweise einige Male pro Stunde, um den Verlauf der Lichtkurve
und mögliche Abweichungen exakt bestimmen zu können. Dies gelingt nur durch eine
Kombination von vier Teleskopen auf der Südhalbkugel: Tasmanien, West-Australien,
Südafrika und Chile. Damit ist garantiert, dass dieser Stern rund um die Uhr
gemessen werden kann. Die Astronomen haben damit eine "24-Stunden-Nachtschicht": zu jeder Zeit ist
es an mindestens einem dieser Orte Nacht!
Am 10. August 2005 war es dann soweit: das Mikrolinsen-Ereignis OGLE-2005-BLG-390, das sich bis
dahin wenig spektakulär von seiner Maximal-Helligkeit, die dreimal über der "normalen" lag,
wieder auf die Grundstufe zurück bewegte, zeigte eine kurzzeitige Abweichung. Dieses zweite Maximum hatte genau den
Verlauf, den man von einem Planetenbegleiter erwartete, allerdings hatte es nur 15 Stunden gedauert.
Die mit hoher Signifikanz abweichenden Messpunkte waren von fünf verschiedenen Observatorien
bestätigt worden: das Ereignis war real. Beim Analysieren und Modellieren der Daten konnte nur
eine einzige Erklärung gefunden werden: ein Begleiter zum hauptsächlichen Linsenstern,
der nur 0,00008 mal soviel Masse hat, war dafür verantwortlich. Keine andere Möglichkeit
war mit den Daten in Einklang zu bringen.
Da der Linsenstern selbst zu schwach ist, um direkt gesehen zu werden, kann dessen Masse nicht
exakt bestimmt werden: vermutlich liegt sie zwischen 10% und 40% der Sonnenmasse, wobei der
wahrscheinlichste Wert bei 20% liegt. Damit ergibt sich für die Planetenmasse als wahrscheinlichster Wert 5,5mal
die Erdmasse. Der Abstand des Planeten zum Mutterstern liegt bei etwa 2,6mal dem Abstand zwischen Erde und Sonne, so dass er ungefähr 10 Erdenjahre für einen Umlauf braucht.
Lichtkurve des Mikrolinsen-Ereignisses
OGLE-2005-BLG-390Lb mit dem durch den Planeten erzeugten zweiten Maximum. Die waagerechte Achse umfasst einen Zeitraum von 70 Tagen; die Vergrößerung oben rechts nur 2 Tage. (Bild: PLANET group) |
[Pressemitteilung]
[Pressemitteilung beim ZAH]
[Pressemitteilung der ESO (englisch)]
[Artikel bei Nature]
[Medienseite am Perth Observatory]
[Astrophysik Universität Potsdam]
[AIP Homepage]
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Das Beobachtungsfeld liegt etwa in Richtung des Zentrums der Milchstraße. Man sieht nur den Hintergrundstern; der Stern, der als Linse wirkt, und der Planet sind selbst nicht zu sehen. (Bild: PLANET group)
Entwurf eines Künstlers: So könnte der neue Planet OGLE-2005-BLG-390Lb aussehen, wenn man ihn sehen könnte (Foto: STSCI/G.Bacon).
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Die meisten der bisher bekannten 170 Planeten um ferne Sonnen haben große Massen (vergleichbar mit der des Jupiter) und bewegen sich in ganz engen Bahnen um ihre Zentralsterne. Aus diesem Grund werden sie
"heiße Jupiter" genannt. Eigentlich hatten die Astronomen auch viele Planeten
mit kleinerer Masse ("Gesteins- oder Eisplaneten") und in größeren Abständen erwartet.
Die besondere Bedeutung dieser Entdeckung liegt darin, dass dies unter allen bekannten Exo-Planeten derjenige mit der geringsten Masse ist. Er ist damit - was die Masse betrifft - der "erd-ähnlichste". Wahrscheinlich handelt es sich um einen Eis- oder Gesteinsplaneten von der gleichen Sorte wie Erde, Venus und Mars. Dieser Planeten-Typ sollte nach unserem gegenwärtigen Verständnis von Planeten-Entstehung in viel größerer Zahl vorhanden sein
als die "heißen Jupiter". OGLE-2005-BLG-390-Lb ist der dritte mit der Microlensing-Methode gefundene Planet: die Massen der ersten beiden im letzten Jahr entdeckten lagen etwas oberhalb der des Jupiter. Wie alle Methoden ist es auch für "Microlensing" einfacher, Planeten mit großer Masse zu finden. Die Tatsache, dass nun unter drei entdeckten Planeten bereits einer mit einer so geringen Masse ist, deutet darauf hin, dass es von dieser Sorte Planeten mit kleiner Masse sehr viele in unserer Milchstraße geben muss.
Der Leiter des Teams, Dr. Jean-Philippe Beaulieu vom Institut d'Astrophysique de Paris fordert eine Ausweitung der Suche mit Hilfe des Mikrogravitationslinseneffekts mit vorhandenen oder zusätzlichen Ressourcen auf der Erde - oder in der näheren Zukunft mit einem Satelliten: "Die Entdeckung eines gesteins- oder eisartigen Planeten, der leichter ist als Neptun oder Uranus ist ein deutlicher Hinweis darauf, dass weitere solche Planeten entdeckt werden, was einen direkten Weg zur Entdeckung einer Zwillingserde darstellt".
Kontakt
Dijana Dominis
Astrophysikalisches Institut Potsdam
An der Sternwarte 16
14482 Potsdam
Tel.: (0331) 7499 284
Dr. Daniel Kubas
Universität Potsdam
Institut für Physik
Am Neuen Palais 10
14469 Potsdam
Tel.: (0173) 899 31 95
Prof. Joachim Wambsganß
Astronomisches Rechen-Institut
Mönchhofstr. 12-14
69120 Heidelberg
Tel.: (6221) 54 1801
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