MUSE wirft detailliertesten Blick auf Galaxienfeld

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Das Farbbild zeigt das Hubble Ultra Deep Field, aufgenommen mit dem MUSE-Instrument am Very Large Telescope der ESO. Die Aufnahme gibt jedoch nur einen kleinen Einblick in den Reichtum der MUSE-Daten, die auch für jedes Pixel im Bild ein Spektrum zur Verfügung stellen.

Bild: ESO/MUSE HUDF Kollaboration
29. November 2017 //

Astronominnen und Astronomen haben mit dem MUSE-Instrument am Very Large Telescope der ESO in Chile das Hubble Ultra Deep Field in den Blick genommen und die Entfernungen sowie Eigenschaften von 1.600 sehr lichtschwachen Galaxien gemessen – darunter von 72 nie zuvor beobachteten Galaxien. Die Ergebnisse der bisher tiefsten spektroskopischen Durchmusterung führten zu zehn wissenschaftlichen Fachartikeln, die Astronomy & Astrophysics nun in einer Sonderausgabe veröffentlichte.

„Die MUSE-Daten haben zum ersten Mal eine systematische Untersuchung der Bewegung von Sternen in Galaxien im frühen Universum ermöglicht“, erklärt Davor Krajnović vom Leibniz-Institut für Astrophysik Potsdam (AIP), einer der Autoren der wissenschaftlichen Publikationen, die die Ergebnisse dieser Studie präsentieren. „Unsere Resultate zeigen, dass reguläre Sternbewegungen, die für die Sternentstehungsgalaxien im heutigen Universum typisch sind, bereits vor etwa 6 Milliarden Jahren etabliert waren.“

Das MUSE-Team beobachtete das Hubble Ultra Deep Field (HUDF), eine sehr gut erforschte Himmelsregion im südlichen Sternbild Chemischer Ofen (lat. Fornax). Die Forscherinnen und Forscher sammelten präzise spektroskopische Informationen von 1.600 Galaxien. Das sind zehnmal so viele Galaxien wie in den vergangenen zehn Jahren mit bodengebundenen Teleskopen in diesem Feld untersucht wurden. Die originalen HUDF-Bilder, die mit dem Hubble-Weltraumteleskop der NASA/ESA aufgenommen wurden, waren zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung in 2004 bahnbrechend in dem Bereich der tiefen Himmelsaufnahmen. Trotz der Tiefe der Hubble-Beobachtungen hat MUSE nun – abgesehen von vielen weiteren Ergebnissen – 72 Galaxien zu Tage gebracht, die nie zuvor in diesem kleinen Bereich des Himmels beobachtet wurden. Die MUSE-Daten liefern einen neuen Blick auf dunkle, sehr weit entfernte Galaxien, die wir zu einem Zeitpunkt sehen, als das Universum vor gut 13 Milliarden Jahren gerade erst entstanden war. Das Instrument hat in dem bereits gut untersuchten Gebiet Galaxien entdeckt, die 100 Mal lichtschwächer sind als jene in früheren Untersuchungen, was unser Verständnis über Galaxien jeden Alters verbessern wird.

„Mit MUSE haben wir viele sehr lichtschwache und kleine Galaxien entdeckt – sogar mehr, als wir erwartet hatten“, sagt Lutz Wisotzki, Projektwissenschaftler für MUSE am AIP. „Die kombinierte ultraviolette Strahlung von diesen leuchtschwachen Galaxien hat das Universums, wie wir es kennen, entscheidend geprägt.“

Die Untersuchungen brachten 72 Galaxien zutage, die man als Lyman-alpha-Emitter bezeichnet, da sie nur im Lyman-alpha-Licht, der hellsten Linie von Wasserstoffgas, leuchten. Diese Objekte konnten nur entdeckt werden, weil MUSE das Licht nach Farben bzw. Wellenlängen auflöst. Auf tiefen Direktaufnahmen wie von Hubble bleiben sie jedoch unsichtbar. Ein weiteres wichtiges Ergebnis der Untersuchungen war der systematische Nachweis von leuchtenden Wasserstoffhalos um Galaxien im frühen Universum, was Astronomen eine neue und vielversprechende Möglichkeit bietet, zu untersuchen, wie Materie in frühe Galaxien hinein- und herausströmt.

In den Fachartikeln werden auch andere Aspekte dieses einzigartigen Datensatzes diskutiert, einschließlich der Erforschung der Rolle lichtschwacher Galaxien während der kosmischen Reionisation, die nur 380.000 Jahre nach dem Urknall stattfand, der Galaxienverschmelzungsrate im jungen Universum, galaktische Winde, Sternentstehung sowie die Kartierung der Bewegung von Sternen im frühen Universum.

MUSE ist ein Integralfeld-Spektrograf, der am Very Large Telescope (VLT) der Europäischen Südsternwarte (ESO) im Einsatz ist. Die Universität Lyon (CRAL, CNRS) in Frankreich und die ESO haben die Leitung des Projektes inne. MUSE deckt den sichtbaren bis nahen infraroten Bereich ab und kann gleichzeitig Tausende von Spektren von ganzen Himmelsregionen aufnehmen sowie aus diesen Daten Bilder rekonstruieren. MUSE ist eines der erfolgreichsten und gefragtesten Instrumente am VLT. Die MUSE-Kollaboration nutzt ihre garantierte Beobachtungszeit (Englisch: Guaranteed Time Observing, GTO). AIP-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter in dem MUSE-GTO-Team sind Andreas Kelz, Josephine Kerutt, Davor Krajnović, Martin Roth, Rikke Saust, Kasper Schmidt, Ole Streicher, Matthias Steinmetz, Tanya Urrutia, Peter Weilbacher und Lutz Wisotzki.

„Mehrere Personen am AIP waren an den jetzt veröffentlichten Studien beteiligt“, so Davor Krajnović. „Die spektroskopische Durchmusterung war einer der Hauptgründe dafür, MUSE zu bauen. Der Beitrag des AIP war entscheidend, vom Bau des Instruments über die Entwicklung der Datenreduktions-Software bis hin zur wissenschaftlichen Auswertung und Publikationen.“

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Das Farbbild zeigt das Hubble Ultra Deep Field, aufgenommen mit dem MUSE-Instrument am Very Large Telescope der ESO. Die Aufnahme gibt jedoch nur einen kleinen Einblick in den Reichtum der MUSE-Daten, die auch für jedes Pixel im Bild ein Spektrum zur Verfügung stellen.

Bild: ESO/MUSE HUDF Kollaboration
29. November 2017 //

Astronominnen und Astronomen haben mit dem MUSE-Instrument am Very Large Telescope der ESO in Chile das Hubble Ultra Deep Field in den Blick genommen und die Entfernungen sowie Eigenschaften von 1.600 sehr lichtschwachen Galaxien gemessen – darunter von 72 nie zuvor beobachteten Galaxien. Die Ergebnisse der bisher tiefsten spektroskopischen Durchmusterung führten zu zehn wissenschaftlichen Fachartikeln, die Astronomy & Astrophysics nun in einer Sonderausgabe veröffentlichte.

„Die MUSE-Daten haben zum ersten Mal eine systematische Untersuchung der Bewegung von Sternen in Galaxien im frühen Universum ermöglicht“, erklärt Davor Krajnović vom Leibniz-Institut für Astrophysik Potsdam (AIP), einer der Autoren der wissenschaftlichen Publikationen, die die Ergebnisse dieser Studie präsentieren. „Unsere Resultate zeigen, dass reguläre Sternbewegungen, die für die Sternentstehungsgalaxien im heutigen Universum typisch sind, bereits vor etwa 6 Milliarden Jahren etabliert waren.“

Das MUSE-Team beobachtete das Hubble Ultra Deep Field (HUDF), eine sehr gut erforschte Himmelsregion im südlichen Sternbild Chemischer Ofen (lat. Fornax). Die Forscherinnen und Forscher sammelten präzise spektroskopische Informationen von 1.600 Galaxien. Das sind zehnmal so viele Galaxien wie in den vergangenen zehn Jahren mit bodengebundenen Teleskopen in diesem Feld untersucht wurden. Die originalen HUDF-Bilder, die mit dem Hubble-Weltraumteleskop der NASA/ESA aufgenommen wurden, waren zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung in 2004 bahnbrechend in dem Bereich der tiefen Himmelsaufnahmen. Trotz der Tiefe der Hubble-Beobachtungen hat MUSE nun – abgesehen von vielen weiteren Ergebnissen – 72 Galaxien zu Tage gebracht, die nie zuvor in diesem kleinen Bereich des Himmels beobachtet wurden. Die MUSE-Daten liefern einen neuen Blick auf dunkle, sehr weit entfernte Galaxien, die wir zu einem Zeitpunkt sehen, als das Universum vor gut 13 Milliarden Jahren gerade erst entstanden war. Das Instrument hat in dem bereits gut untersuchten Gebiet Galaxien entdeckt, die 100 Mal lichtschwächer sind als jene in früheren Untersuchungen, was unser Verständnis über Galaxien jeden Alters verbessern wird.

„Mit MUSE haben wir viele sehr lichtschwache und kleine Galaxien entdeckt – sogar mehr, als wir erwartet hatten“, sagt Lutz Wisotzki, Projektwissenschaftler für MUSE am AIP. „Die kombinierte ultraviolette Strahlung von diesen leuchtschwachen Galaxien hat das Universums, wie wir es kennen, entscheidend geprägt.“

Die Untersuchungen brachten 72 Galaxien zutage, die man als Lyman-alpha-Emitter bezeichnet, da sie nur im Lyman-alpha-Licht, der hellsten Linie von Wasserstoffgas, leuchten. Diese Objekte konnten nur entdeckt werden, weil MUSE das Licht nach Farben bzw. Wellenlängen auflöst. Auf tiefen Direktaufnahmen wie von Hubble bleiben sie jedoch unsichtbar. Ein weiteres wichtiges Ergebnis der Untersuchungen war der systematische Nachweis von leuchtenden Wasserstoffhalos um Galaxien im frühen Universum, was Astronomen eine neue und vielversprechende Möglichkeit bietet, zu untersuchen, wie Materie in frühe Galaxien hinein- und herausströmt.

In den Fachartikeln werden auch andere Aspekte dieses einzigartigen Datensatzes diskutiert, einschließlich der Erforschung der Rolle lichtschwacher Galaxien während der kosmischen Reionisation, die nur 380.000 Jahre nach dem Urknall stattfand, der Galaxienverschmelzungsrate im jungen Universum, galaktische Winde, Sternentstehung sowie die Kartierung der Bewegung von Sternen im frühen Universum.

MUSE ist ein Integralfeld-Spektrograf, der am Very Large Telescope (VLT) der Europäischen Südsternwarte (ESO) im Einsatz ist. Die Universität Lyon (CRAL, CNRS) in Frankreich und die ESO haben die Leitung des Projektes inne. MUSE deckt den sichtbaren bis nahen infraroten Bereich ab und kann gleichzeitig Tausende von Spektren von ganzen Himmelsregionen aufnehmen sowie aus diesen Daten Bilder rekonstruieren. MUSE ist eines der erfolgreichsten und gefragtesten Instrumente am VLT. Die MUSE-Kollaboration nutzt ihre garantierte Beobachtungszeit (Englisch: Guaranteed Time Observing, GTO). AIP-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter in dem MUSE-GTO-Team sind Andreas Kelz, Josephine Kerutt, Davor Krajnović, Martin Roth, Rikke Saust, Kasper Schmidt, Ole Streicher, Matthias Steinmetz, Tanya Urrutia, Peter Weilbacher und Lutz Wisotzki.

„Mehrere Personen am AIP waren an den jetzt veröffentlichten Studien beteiligt“, so Davor Krajnović. „Die spektroskopische Durchmusterung war einer der Hauptgründe dafür, MUSE zu bauen. Der Beitrag des AIP war entscheidend, vom Bau des Instruments über die Entwicklung der Datenreduktions-Software bis hin zur wissenschaftlichen Auswertung und Publikationen.“

Das Leibniz-Institut für Astrophysik Potsdam (AIP) widmet sich astrophysikalischen Fragen, die von der Untersuchung unserer Sonne bis zur Entwicklung des Kosmos reichen. Forschungsschwerpunkte sind dabei kosmische Magnetfelder und extragalaktische Astrophysik sowie die Entwicklung von Forschungstechnologien in den Bereichen Spektroskopie, robotische Teleskope und E-Science. Seinen Forschungsauftrag führt das AIP im Rahmen zahlreicher nationaler, europäischer und internationaler Kooperationen aus. Das Institut ist Nachfolger der 1700 gegründeten Berliner Sternwarte und des 1874 gegründeten Astrophysikalischen Observatoriums Potsdam, das sich als erstes Institut weltweit ausdrücklich der Astrophysik widmete. Seit 1992 ist das AIP Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft.
Letzte Aktualisierung: 8. Februar 2022