EU-Förderung mit 3,4 Millionen Euro für das Projekt PICS4SENS

Im Hintergrund ein großer Tisch mit verschiedenen Geräten und Kabeln, im Vordergrund hält eine Hand eine kleinen Chip, der ca. 2-3 Finger breit ist

Integrierter photonischer „Spektrograph on-a-chip“. Zum Größenvergleich im Hintergrund der Nahinfrarot-Spektrograph NIRspec für das James Webb Space Telescope bei der Integration beim Hersteller.

Bild: Astrium, AIP
9. Juli 2024 //

Das Verbundprojekt PICS4SENS der Leibniz-Institute AIP und IHP in Zusammenarbeit mit dem innoFSPEC-Transferlabor an der Universität Potsdam hat sich im Wettbewerb der letztjährigen StaF-Ausschreibung durchgesetzt und wird über einen Zeitraum von vier Jahren mit insgesamt 3,4 Millionen Euro gefördert, 2,2 Millionen Euro davon entfallen auf das AIP.

Das Förderprogramm StaF-Verbund zur Förderung der Stärkung der technologischen und anwendungsnahen Forschung in Forschungsverbünden von Wissenschaftseinrichtungen im Land Brandenburg wird aus Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) finanziert. PICS4SENS wird den technologischen Reifegrad von photonisch integrierten Schaltkreisen erhöhen und den Weg zur Kommerzialisierung in der Sensorik voranbringen.

Das Projekt lässt sich auf eine kurze Formel zusammenfassen: die Entwicklung eines Spektrographen „on-a-chip“. Dabei geht es um die Miniaturisierung von voluminösen und kostspieligen Hochleistungsoptiken in klassischer Bauweise auf einen winzigen photonischen Chip.

Photonik ist eine moderne Technologie, die analog zur auf der Leitung von Elektronen in Halbleitern beruhenden Elektronik (elektrischer Strom), die Leitung von Photonen in Wellenleitern (Licht) ausnutzt. So wie heute in Computern, Smartphones und im Auto elektronische Chips allgegenwärtig sind, arbeitet die Industrie unter Hochdruck daran, photonische integrierte Schaltkreise (PIC) zu entwickeln. Aktuelle Marktanalysen zeigen dafür einen schnell wachsenden Zukunftsmarkt. In Computerzentren und der Datenkommunikation des Internets haben sich PICs bereits durchgesetzt. Ein anderer Anwendungsbereich steckt noch in den Kinderschuhen: Spektroskopie und Sensorik.

Auf diesem Gebiet haben sich die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Astrophotonik-Abteilung des AIP unter Leitung von Dr. Kalaga Madhav eine internationale Spitzenposition erarbeitet und verschiedene Generationen von PICs für Anwendungen in der Spektroskopie und Interferometrie entwickelt und zum Einsatz gebracht. Mit einem Chip der Bauart wie im Bild wurde mit Unterstützung der Forschungstechnik des AIP weltweit erstmals ein für den Nahinfrarot-Bereich konzipierter Spektrograph aufgebaut: PAWS, der „Potsdam Arrayed Waveguide Spectrograph“. Hier wird ein hochempfindlicher Bildsensor auf eine Temperatur von –190 °C abgekühlt, um das hochaufgelöste Spektrum des Chips elektronisch aufzuzeichnen.

Der im Vergleich zum Chip noch recht klobige Aufbau des Kühlgehäuses für den Infrarot-Bildsensor zeigt, dass die Miniaturisierung noch nicht ganz zum Ziel geführt hat. Genau hier setzt das Vorhaben PICS4SENS an: Das Leibniz-Institut für innovative Mikroelektronik (IHP) besitzt alle Voraussetzungen und Kompetenzen, um auch die Integration des Bildsensors in den PIC zu realisieren, sozusagen eine Verheiratung von Photonik und Elektronik.

Hiervon versprechen sich die Forscher nicht nur einen Durchbruch für astrophysikalische Instrumente, insbesondere im Weltraum, sondern auch ein hervorragendes Innovationspotenzial und zukünftige Marktchancen in Bereichen wie Agrartechnologie, Mobilität, Gesundheitswirtschaft, Lebensmitteltechnologie, Chemie – Zukunftsthemen, die die Innovationsstrategie innoBB2025 plus sowie der Masterplan des Clusters Optik und Photonik für Berlin und Brandenburg als Prioritäten ins Auge fassen.

Projektleiter Martin Roth unterstreicht: „Das Land Brandenburg verfügt mit dem Leibniz-Institut für innovative Mikroelektronik (IHP) in Frankfurt (Oder) sowie dem Leibniz-Institut für Astrophysik Potsdam (AIP) ausweislich der jüngsten Evaluierungen der Leibniz-Gemeinschaft über zwei Leistungsträger in der internationalen Spitzenforschung. In Zusammenarbeit mit dem innoFSPEC-Transferlabor an der Universität Potsdam besitzt das Projekt PICS4SENSausgezeichnete Voraussetzungen, unseren technologischen Vorsprung weiter auszubauen und zu verwerten.“

Weitere Informationen

Astrophotonic am AIP: https://www.aip.de/de/research/astrophotonics/

innoFSPEC-Transferlabor: https://innofspec.de/en/transfer-lab

Optik-Cluster Berlin-Brandenburg: https://www.optik-bb.de/

Das Leibniz-Institut für Astrophysik Potsdam (AIP) widmet sich astrophysikalischen Fragen, die von der Untersuchung unserer Sonne bis zur Entwicklung des Kosmos reichen. Forschungsschwerpunkte sind dabei kosmische Magnetfelder und extragalaktische Astrophysik sowie die Entwicklung von Forschungstechnologien in den Bereichen Spektroskopie, robotische Teleskope und E-Science. Seinen Forschungsauftrag führt das AIP im Rahmen zahlreicher nationaler, europäischer und internationaler Kooperationen aus. Das Institut ist Nachfolger der 1700 gegründeten Berliner Sternwarte und des 1874 gegründeten Astrophysikalischen Observatoriums Potsdam, das sich als erstes Institut weltweit ausdrücklich der Astrophysik widmete. Seit 1992 ist das AIP Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft.
Letzte Aktualisierung: 9. Juli 2024