Instrumentierung und Software

4MOST

Technische Illustration 4MOST
Bild: 4MOST Consortium

4MOST ist eine große neue Forschungsanlage, die derzeit unter der Leitung des AIP gebaut wird, um eine spektroskopische Durchmusterungsanlage mit großem Gesichtsfeld und hohem Multiplex für das VISTA-Teleskop am Paranal-Observatorium der Europäischen Südsternwarte (ESO) zu erstellen. Ab 2023 wird 4MOST als Hauptinstrument des VISTA-Teleskops 2436 optische Fasern in einem Sichtfeld von 4,2 Quadratgrad für einen hochauflösenden und zwei mittelauflösende Spektrographen einsetzen. Es wird über einen Zeitraum von mindestens 10 Jahren qualitativ hochwertige Spektren sammeln und dabei Spektren von über 40 Millionen Sternen und mehr als 40 Millionen Galaxien bei einer Auflösung von R>5000 und von 5 Millionen Sternen bei R~20.000 aufnehmen.

Die wissenschaftlichen Ziele von 4MOST werden hauptsächlich durch vier wichtige weltraumgestützte Observatorien von vorrangigem europäischem Interesse angetrieben: Gaia und PLATO (Galaktische Archäologie), eROSITA (Hochenergiehimmel), und Euclid (Kosmologie und Galaxienentwicklung). Diese Hauptwissenschaftsfälle treiben die Key Surveys an, die einen großen Teil des Südhimmels abdecken, wobei die helle Zeit hauptsächlich der Milchstraßenscheibe und den Bulgegebieten sowie den Magellanschen Wolken gewidmet ist und die dunkle/graue Zeit im Wesentlichen extragalaktischen Zielen gewidmet ist. Zusätzlich wird ein beträchtlicher Teil der Faserzeit den Gemeinschaftsdurchmusterungen der ESO gewidmet sein, was 4MOST zu einer echten Allzweck-Durchmusterungsanlage macht, die in der Lage ist, Spektren von Proben von Objekten zu liefern, die über einen großen Teil des Himmels verteilt sind. 4MOST kann auch Zehntausende von VRO/LSST-, eROSITA- und SKA-Transienten pro Jahr verfolgen.

Die Abteilungen Milchstraße und Lokales Volumen sowie Zwerggalaxien und Galaktischer Halo am AIP entwickeln mehrere der wichtigsten Wissenschaftsthemen der Galaktischen Archäologie, um den Halo, die Scheibe und die Bulge-Komponenten der Milchstraße sowie die Magellanschen Wolken zu untersuchen, und haben umfangreiche Simulationen durchgeführt, um die Machbarkeit der Wissenschaft mit 4MOST zu testen. Darüber hinaus tragen wir zur Unterstützung der instrumentellen Fähigkeiten bei, z.B. bei der Inbetriebnahme, Kalibrierung, Verifizierung der wissenschaftlichen Leistung und der Entwicklung des Betriebsschemas von 4MOST.

Gaia

ScatterMap__DS09_strip1.png

Zweidimensionale Karte des diffusen Hintergrundlichtes für Gaia RVS. Horizontal: Zeit einer Satellitenumdrehung (6 h), Vertikal: Position auf den 4 CCD Detektoren.

Bild: ESA / DPAC / AIP, Katja Weingrill

Die ESA-Weltraummission Gaia vermisst die Positionen, Entfernungen, Raumbewegungen und viele physikalische Eigenschaften der Sterne unserer Galaxie und darüber hinaus. Im Gaia Early Data Release 3 wurden über 1,8 Milliarden Positionen und Helligkeiten veröffentlicht. Für die Verarbeitung der Daten ist das Data Processing and Analysis Consortium (DPAC) zuständig. Seit 2007 ist unsere Forschungsabteilung am DPAC beteiligt.

Das AIP ist im DPAC ist die Hintergrundkorrektur der Spektren verantwortlich. Der Radialgeschwindigkeits-Spektrograph (RVS) an Bord von Gaia ist ein Integralfeld-Spektrograph (IFU), so dass sich die Spektren benachbarter Sterne auf dem Detektor überlagern können. Falls eines dieser Spektren nicht ausgelesen wurde, wird die Hintergrundkorrektur zu einer nicht trivialen Aufgabe. Die AIP Sektion Milchstraße und Lokales Volumen modelliert die spektrale Lichtverteilung einer kontaminierenden Punktquelle in einem Auslesefenster mit so vielen Sterninformationen wie möglich. Im Idealfall sind dies atmosphärische Parameter zur Auswahl eines Templatespektrums, Radial- und Rotationsgeschwindigkeit für Linienverschiebung und -verbreiterung, die Magnitude für die Helligkeit und die relative Position für den räumlichen und spektralen Beitrag.

Neben dem Hintergrund der Spektren nicht beobachteter Punktlichtquellen gibt es noch den diffusen Hintergrund, der aus Zodiakallicht, Licht ausgedehnter Objekte wie Nebeln oder Streulicht besteht. Anders als der Punktlichtquellenhintergrund, der aus den Sterncharakteristika berechnet wird, wird der diffuse Hintergrund gemessen. Dies geschieht in leeren Bereichen der Auslesefenser. Nach Reinigung von kosmischer Strahlung, CCD Defekten, gesättigten und gestörten Pixeln, Überblendungen anderer Sternspektren und unbeobachteter Punktlichtquellen wird der Hintergrund gemessen und eine zweidimensionale Karte der Sonnenphase versus CCD Detektor Position erstellt. Aus dieser Karte kann der Level des diffusen Hintergrundes für jedes Objekt abgeschätzt werden.

Zusätzlich entwickelt unsere Abteilung zusammen mit der Sektionen Zwerggalaxien und Galaktischer Halo eine Gaia-Pipeline, die in zweidimensionalen Sky Mapper Bildern neue Sterne identifiziert. Diese sogenannten Service Interface Function (SIF) Bilder des Sky Mappers wurden seit 2014 regelmäßig für die dichtesten Himmelsregionen (Kugelsternhaufen, Zentrum der Milchstraße und Magellansche Wolken) aufgezeichnet, für die die nominelle Gaia Pipeline an ihre Grenzen stößt. Ziel ist es, Astrometrie und Photometrie der neuen Sterne zu extrahieren, um die Vollständigkeit der Gaia Kataloge in neun ausgewählten Himmelsregionen zu verbessern. Das AIP hat eine führende Rolle in dieser neuen DPAC Gruppe, da Hauptentwickler und Managerin des neuen SIF CF Teams am AIP arbeiten. 

Das AIP ist ein offizielles Gaia Partner Daten-Zentrum und die AIP Sektion Supercomputing und E-Science stellt auf gaia.aip.de den gesamten Gaia Katalog zur Verfügung.

Letzte Aktualisierung: 15. November 2021