Eine neue Methode zur Messung koronaler Magnetfelder während Flares
Fiberburst-Quellen selektieren "aktivierte" Feldstrukturen
Bilder im Röntgen und EUV-Licht zeigen eindrucksvoll, wie sich das Plasma der Korona längs magnetischer Feldstrukturen ordnet. Es gibt allerdings bisher keine verlässliche Methode, die Magnetfeldstärke in der Korona zu messen. Hier setzt die vorliegende Arbeit vermittels Kombination von Radiobeobachtungen in der Korona und Magnetfeldmessungen in der Photosphäre an.
| Yohkoh Soft X-ray Telescope image. Superposed is a grid of potential field lines (white) resulting from the extrapolation of a SOHO-MDI magnetogram in the corona. The three thick, colored field lines are selected "mean fiber burst source" field lines characterizing the postflare loop evolution within 1 hour after the impulsive phase (in time sequence yellow - magenta - green). Yohkoh was a common Japanese-USAmerican-UK space mission of ISAS and NASA. SOHO is a common space observatory of ESA and NASA. |
Fiberbursts nennt man Feinstrukturen der solaren Radioemission, die bei Strahlungsausbrüchen in Radiokontinua beobachtet werden. Sie werden durch Whistlerwellen angeregt. Whistler sind eine niederfrequente MHD-Wellenmode, wie sie auch in der Erdmagnetosphäre zum Beispiel durch Blitze induziert werden kann. Sie breiten sich vor allem längs magnetischer Felder aus. In dynamischen Radiospektren, wie sie am AIP beobachtet werden, formen sie im allgemeinen eine von hohen zu niedrigen Frequenzen driftende Spur, deren instantane Driftrate sowie Bandbreite Information über die Stärke des Magnetfeldes in der Radioquelle enthält.
Die Idee der Arbeit besteht darin, diese Information zu verbinden mit
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der Messung der Position der Fiberburstquellen in Projektion auf die Sonnenscheibe, und zwar für diejenigen Bursts, die wenigstens zwei Frequenzen eines Radioinstruments mit Bildauflösung durchlaufen; und |
b) |
dem Vergleich dieser Positionen mit der dreidimensionalen Abschätzung von Feldstruktur und -stärke, wie sie durch Extrapolation des in der Photosphäre gemessenen Longitudinalfeldes bestimmt werden kann. |
Die folgende Abbildung verdeutlicht dies. Gezeigt ist rechts im Bild der Teil eines dynamischen Radiospektrums mit Fiberbursts (AIP). Auf drei Frequenzen im gezeigten Bereich beobachtet der französische Multifrequenz-Radioheliograf Sonnenbilder. Diese bestimmen gemeinsam mit dem dynamischen Radiospektrum die links im Bild gezeigten Boxen, deren wahre Höhe ueber der Photosphäre nicht bekannt ist (es fehlt das Dichteprofil der Korona).
Es wird nun das aus den Spektren bestimmte Feld in den Boxen mit der Potentialfeld-Extrapolation einer zeitlich dicht am Strahlungsausbruch gelegenen Feldmessung (hier: vom Michelson Doppler Imager auf SOHO) verglichen. Im Bild ist links das Magnetogramm in der Photosphäre gezeichnet, Rot und Blau sind die magnetischen Polaritäten, eigezeichnet sind ausgewählte Feldlinien aus der Extrapolationsrechnung. Es wird für jede Box die Höhenlage bestimmt, in der sich noch Feldlinien finden lassen, die alle Boxen eines Bursts durchlaufen, und die dann auch noch für jede Box möglichst gute Übereinstimmung zwischen Potentialfeldwert aus der Fortsetzung und Feldstärkewert aus den Radiobursts erbringt. Die dann gefundenen Höhen bestimmen zusammen mit den dichteabhängigen Radiofrequenzen das Dichtemodell im Quellgebiet längs der gefundenen Feldlinien. Die hervorgehobene Linie ist eine "mittlere" Fiberburst-Feldlinie, die für ein Zeitintervall von einigen Minuten richtig ist.
Die Methode wurde am Ereignis vom 7. April 1997 entwickelt und getestet. Dort kann die Entwicklung der die Fiberbursts enthaltenden Magnetfeldstruktur für ca. eine Stunde während der Haupt-Flarephase verfolgt werden. Die obere Abbildung zeigt die über diesen Zeitraum gefundenen aktivierten Feldbereiche (in der Zeitfolge Gelb - Magenta - Gruen) in Überlagerung auf einem Röntgenbild der aktiven Region (etwa bei S30,E20), Nord ist oben, West ist rechts im Bild. Das unterliegende Röntgenbild wurde vom japanisch-amerikanisch-englischen Satelliten Yohkoh gemessen (16:40:28 UT, AlMg-Filter, 5.4 s Belichtung). Die feinen hellen Linien sind die überlagerte Gesamtmenge der extrapolierten Feldlinien. Weiss-rötlich sind die röntgenhellen Postflare-Loopstrukturen. Es zeigte sich, dass die Fiberbursts während der gesamten Beobachtungszeit den Höhenbereich 15-80 Mm nicht verlassen, wenngleich die Loopgipfel-Höhe von 80 auf 220 Mm ansteigt. Die entsprechenden Magnetfelder liegen zwischen 15 und 3 Gauss. Die Fußpunktabstands-Expansion der gefundenen aktivierten Feldlinien stimmt mit den Messungen in Röntgen- und EUV-Bildern ausgezeichnet überein. Gegenwärtig läuft die Anwendung für weitere Beispiele.
Henry Aurass (für die Autoren der Arbeit)
Quelle: H. Aurass, G. Rausche, G. Mann und A. Hofmann: "Fiber bursts as 3D coronal magnetic field probe in postflare loops", bei Astronomy and Astrophysics zur Veröffentlichung am 28. Januar 2005 angenommen.
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