PROMISE
Eine neue universelle und effiziente magnetohydrodynamische Instabilität (magnetorotational instability, MRI) kann sowohl das Drehimpulsproblem bei der Sternentstehung lösen, die enorme Helligkeit der Quasare erklären als auch auch die Turbulenz der interstellaren Materie und somit die riesigen galaktischen Magnetfelder erzeugen (rechte Abb.). Das inzwischen weitgehend akzeptierte Phänomen, dass bei Anwesenheit selbst schwacher Magnetfelder alle astrophysikalisch relevanten Scherströmungen instabil und turbulent werden, ist in der Experimentalphysik bisher unerkannt geblieben. Die Verifikation im Laborexperiment wird wesentlich zum Verständnis der Instabilität und des Überganges zur Turbulenz beitragen.
Die Voraussetzungen für ein entsprechendes Taylor-Couette-Experiment sind in einer Reihe von Computerrechnungen ermittelt und auf einer eigens organisierten internationalen Konferenz vorgestellt worden. Die technischen und konzeptionellen Anforderungen für ein klassisches Taylor-Couette-Experiment allein mit axialem Feld erweisen sich aber als zu anspruchsvoll, so dass unsere bisherigen Pläne für Experimente mit flüssigem Natrium nicht weiterverfolgt wurden.
Schematischer Aufbau des Experiments (40 cm hoch, 16 cm Durchmesser). Zwischen den beiden unterschiedlich rotierenden Zylindern befindet sich flüssiges Gallium, das von einem Magnetfeld durchsetzt wird. Das Feld hat sowohl einen vertikalen Anteil als auch einen toroidalen Anteil (horizontale Ringe). Ströme (J) von rund 4000 A sind dazu nötig.
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Die Entstehung interstellarer Turbulenz in Galaxien durch MRI. Numerische Simulation mit dem Supercomputer SANSSOUCI des AIP im Rahmen der Dissertation von N. Dziourkevitch
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Unsere neuesten Rechnungen (Referenzen s.u.) legen aber nahe, dass der Durchbruch mit der Verwendung einer spiralförmigen Magnetgeometrie (Abb. links) gelingen kann. Schon für einen magnetischen Anstellwinkel von nur 45° reduziert sich die kritische Reynolds-Zahl für das Einsetzen der MRI um mehrere Größenordnungen und wird unabhängig von der magnetischen Prandtl-Zahl des Materials. Das Flüssigmetall Natrium kann deshalb durch die deutlich einfacher zu handhabende Gallium-Indium-Zinn-Legierung ersetzt werden, mit drastischen Auswirkungen auf die Kosten. Das Motiv zur Untersuchung solcher Feldgeometrien liegt in der Astrophysik, wo die poloidalen immer von toroidalen Magnetfeldern begleitet werden. Auch hier wird es gänzlich neue Anwendungen für die neugefundene magnetohydrodynamische Instabilität (z.B. in kalten Sternentstehungsgebieten) geben.
Mit dieser Idee soll das weltweit erste MRI-Experiment als Gemeinschaftsprojekt zweier WGL-Institute realisiert werden. Es besteht zwischen der Abteilung MHD des AIP und der Abteilung Magnetohydrodynamik am Forschungszentrum Rossendorf seit langem eine intensive Zusammenarbeit zur Auslegung eines MRI-Experiments.
Publications
Rosner R., Rüdiger G., Bonanno A. (eds.): "MHD COUETTE FLOWS: experiments & models"
American Inst. Phys. Conf. Proc. Vol. 733 (2004)
Rüdiger G., Hollerbach R: "THE MAGNETIC UNIVERSE: Geophysical and astrophysical dynamo theory"
Wiley-VCH Berlin (2004)
Hollerbach R., Rüdiger G.: "A new type of magnetorotational instability"
Phys. Rev. Lett., subm. (2005)
Rüdiger G., Hollerbach R., Schultz M., Shalybkov D.: "The stability of MHD Taylor-Couette flow with current-free spiral magnetic fields between conducting cylinders"
Astron. Nachr. 326, 409 (2005)
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